Segelfliegen in den Alpen

Flieger Urlaub für die Familie in Südfrankreich von Christian Cramer

2012 kam ich auf die Idee fliegerisches Neuland zu betreten und mit dem Gebirgssegelflug anzufangen. Von Freunden und Kollegen habe ich viel darüber gehört und viele waren begeistert. Oft hörte ich großen Respekt, aber auch große Begeisterung aus den Berichten heraus.

„Wie fängt man sowas also am Besten an“ fragte ich mich. Ich begann verschiedene Bücher zu lesen, und ließ mir in Serres eine zweiwöchige Alpeneinweisung mit Lehrer in einem Doppelsitzer verpassen. Nach den ersten Eindrücken dort war ich zwar begeistert, war mir aber noch nicht sicher, ob das Fliegen in den Alpen das Richtige für mich ist. Zum einen gibt es unglaublich abwechslungsreiche und interessante Landschaften, zum Anderen sind aber auch stets hohe Aufmerksamkeit und immer ein Plan B gefragt. „Ist das etwas für einen Urlaub mit Partner und einem Einsitzer?“, „Mal sehen“ dachte ich mir und reservierte im Sommer 2013 ein Chalet in Puimoisson für Anfang August 2014. Aufgrund der hohen Auslastung der Chalets befürchtete ich, dass viele Flugzeuge am Morgen gleichzeitig starten wollen und eine lange Wartezeit nötig sei, um in die Luft zu kommen. Da aber pro Tag nur circa 20-25 Segler, ohne die Eigenstarter, in die Luft wollen und mit zwei Schleppmaschinen gearbeitet wird, ist das ganze Starterfeld in circa einer Stunde in der Luft.

 

002Morgens vor dem Frühstück gegen 8:00 Uhr stellt man dann seinen Flieger in die Reihe und reserviert sich schon mal die Strandliege für den Tag, Pardon, die Startposition. Nachdem das vorbestellte Baguette bequem am Briefingraum abgeholt und mit wundervollen Blick auf die Berge und die Start- und Landebahn verfrühstückt wurde, gibt es um 10:00 Uhr ein ausführliches Wetter Briefing. Die verbleibende Zeit bis zum Start verbringt man mit Boule oder einem erfrischendem Bad im Pool.

Bei mittiger Position in der Startreihe ist erst wieder Handlungsbedarf, sobald eine Morane den Motor an lässt, um den ersten willigen Segelflieger zu Schleppen. Dann heißt es Badehose und Flip Flops gegen flugtaugliche Kleidung zu tauschen. Verpflegung schnappen, zum Flieger gehen und alles für den Start vorbereiten.

Nach dem Schlepp ist man in der Bergwelt angekommen! Der erste kleine Lupfer beruhigt: Auch hier gibt es Thermik. Wer hätte das gedacht. Der Moment in dem man das erste mal am Hang eine tragende Linie findet ist auch etwas besonderes für Flachlandflieger: so nahe kommt man der Erde normalerweise ja nicht, wenn es nicht gerade für Start oder Landung ist.

In den Bergen ist es nicht unüblich mit mehr als 160 km/h und 30m Abstand an der Felswand entlang zu fliegen. Unter 120 km/h sollten es aber auch nicht sein! Die Luftbewegungen in den Bergen sind komplex. Sie sind zum Teil unerwartet; Winddrehungen von bis zu 180 Grad, zum Teil anstrengend; so gibt es Aufwinde mit 5 Metern Steigen auf der ersten Hälfte des Kreises und auf der anderen Seite von 5 Metern sinken. Aber zum großen Teil ist das Steigen auch sehr gut vorhersehbar: Wind von hier, Sonne von da, also steigt es…und das tut es dann auch. Aber ein Plan B und C sind lebenswichtig! Eine gute Vorbereitung anhand von Karten, Bildern und Videos sind empfehlenswert. Der You Tube Kanal von „LSVFlachkurbler“ PK gibt interessante Einblicke.

003Nachdem ich mich dann etwas eingeflogen habe, hatte ich auch einen Blick für die Schönheit der Berge. DAS Argument für den Urlaub. Es ist wirklich beeindruckend, wie sich halbstündlich die Perspektive ändert. Mal unten am Hang, versucht man in Achterschleifen an den Grad zu kommen, mal weit darüber, springt man quer dazu über ein Tal.

Die kleinen Straßen ziehen sich in Serpentinen von einem Ort zum nächsten. Interessant und beruhigend ist es auch jeden Flugplatz von der Karte in der Realität wieder zu finden. Falls mal kein Flugplatz in der Nähe ist, gibt es Aussenlandefelder, die deutlich schwieriger zu erkennen sind.

004Aber ein Aussenlandekatalog, eine speziellen Karte, und der ein oder andere Hinweis von meinem „Guide“ hat mein Blick geschult. Mein „Guide“ ist ein erfahrener Alpenflieger, der einem mit seiner ruhigen und entschlossen Stimme per Funk oft gute Hinweise gegeben hat. -Berg von links oder doch lieber von rechts anfliegen; wo geht’s als nächstes hin; oder was wäre nun das passende Aussenlandefeld- Mit der Zeit stimmten unsere Meinungen auch immer häufiger überein, ein klares Zeichen für die steile Lernkurve in dem neuen Fluggebiet. Am Ende ist es wie so oft: Die Erfahrung macht es entspannter und öffnet den Blickwinkel.

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So sind wir abwechselnd 2-3 Tage mit immer neuen Routen durch die französischen Seealpen geflogen, gefolgt von 1-2 Familientagen. Das Freizeitangebot ist groß und bietet für jeden Geschmack das Passende. Die Wochenmärkte der kleinen Dörfer laden genauso zum Besuch ein, wie auch ein Ausflug an den Grand Canyon de Verdun. Wagemutige stürzen sich gleich ganz ohne Boot und nur durch einen Neoprenanzug geschützt in die Fluten.

Auch die Côte d’Azur mit den Mega Jachten ist für einen Tagesausflug gut geeignet. Meine Frau hat mir dann auch bestätigt, dass so ein Urlaub für den nichtfliegenden Anhang der Piloten irgendwo zwischen „erträglich“ und „ganz schön“ ist; was für ein Kompliment 😉

Auf der Soll-Seite steht sicherlich die Anreise. Gerade aus Norddeutschland wollen 1600 km gefahren werden. Aber als einen schönen Einstieg in den Urlaub empfiehlt sich eine Zwischenübernachtung z.B. in Mantry. Ein kleines, einfaches Hotel macht Lust auf die nächsten zwei Wochen. 

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Ausgeruht geht es dann am nächsten Morgen nach „Pui“. Man kommt dann genau richtigem Flugplatz an, um im Hellen den Flieger aufzurüsten und sich im Chalet einzurichten. Nur die Ortskern von Lyon sollte man meiden: das Sightseeing kann ungewollt schonmal 3 Stunden dauern und außer der Autobahn hat man dann doch nichts gesehen…

Insgesamt unterscheidet sich der Urlaub doch sehr von Wettbewerben, auf denen man oft fremdbestimmt ist, oder von einem Fliegerlager in der Gruppe. Nach ein paar Jahren davon ist das Alpenfliegen eine willkommene Abwechslung. Ich freue mich wieder auf den nächsten Besuch in diesem Jahr und hoffe, dass der Urlaub anklang findet; und das nicht nur von meinem Arbeitgeber der die Tage noch genehmigen muss, sondern auch bei Beate. Aber Sie freut sich auch schon wieder…

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 Bewegte Bilder gibt es zu den Erlebnissen auch: